Häufig sehe ich Spieler, die etwas versuchen, in ihrem Schwung zu ändern. Sie haben lediglich eine ganz grobe Vorstellung vom dem, was sie ändern möchten und versuchen diese dann, mit voller Geschwindigkeit und einem langen Schläger umzusetzen. Dabei haben sie dann auch noch den Anspruch, dass der Ball doch bitte schön ins Ziel fliegen möge. Es fühlt sich für sie sogar so an, als hätten sie etwas anders gemacht. Aber wen man objektiv (Kamera, Trackman etc.) den Schwung betrachtet, dann hat sich gar nichts geändert. Und der Spieler ist dann völlig ungläubig, dass sich nichts geändert haben soll.
Kommt dir das bekannt vor? Wenn ja, dann solltest du dich auf jeden Fall noch einmal damit beschäftigen, wie lernen eigentlich funktioniert. Dabei muss man beim Golf auch noch berücksichtigen, dass es nicht nur die Intellektuelle Komponente gibt, sondern es letzten Endes darauf ankommt, eine motorische Fähigkeit zu entwickeln und umzusetzen.
Die 4 Stufen des Lernens
Zunächst einmal muss du dir klar machen, dass es beim Lernen 4 unterschiedliche Stufen gibt. Je nachdem, in welcher Stufe du dich befindest, kannst du unterschiedlich auf das zugreifen, was du gerade lernst. Diese 4 Stufen sind die folgenden:
1. Unbewusste Inkompetenz – Man weiß nicht, dass man es nicht kann.
2. Bewußte Inkompetenz – Es ist einem bewusst, dass man es nicht kann.
3. Bewußte Kompetenz – Man lernt die notwendige Fähigkeit bewusst an.
4. Unbewusste Kompetenz – Man hat die Fähigkeit und die Erfahrung. Es geht wie von selbst.
Diese 4 Stufen wollen wir nun auf das Golfen übertragen, damit es leichter verständlich wird.
Die unbewusste Inkompetenz
Die unbewusste Inkompetenz bedeutet, dass du dir nicht darüber im klaren bist, dass du beim Schlag etwas falsch machst. Dein Ball macht zwar nicht das, was er machen soll, aber du hast keine Idee warum. Entweder steht das ganze dann unter dem Motto: Golf ist schwer, also geht da schon einmal etwas schief, oder du hast einfach keine passende Vorstellung von dem, was normal wäre.
Die bewusste Inkompetenz
Die bewusste Inkompetenz liegt dann vor, wenn du weißt, was du falsch machst, es aber nicht ändern kannst. Dein Trainer hat dir erklärt, warum dein Ball nicht das tut, was du von ihm möchtest. Er hat dir auch gesagt, wie es richtig gehen würde, aber du hast noch keine Idee, wie du das ändern sollst.
Die bewusste Kompetenz
Die nächste Stufe ist dann die bewusste Kompetenz. Du hast einen Plan bekommen, wie du das, was du zum Abstellen des Fehlers brauchst, Schritt für Schritt erlernen kannst. Allerdings erfordert es deine volle Aufmerksamkeit, bewusste Übertreibungen und stetiges Feedback, damit dir die Bewegung gelingt. Sobald du nicht ganz bei der Sache bist oder der Druck steigt, geht die neue Bewegung wieder verloren.
Die unbewusste Kompetenz
Die unbewusste Kompetenz ist die Champions-League. Du beherrscht die Bewegung so gut, dass du sie automatisch ohne darüber nachzudenken in deinen Schwung einbaust. Auch auf dem Platz, in einer schlechten Lage und unter Druck setzt du die Bewegung ganz unbewusst in deinem Schwung ein. Erst dann besitzt du die neue Fähigkeit wirklich und vollends.
Dieser Weg wird kein leichter sein
Das Ziel ist es also, wenn wir etwas an deinem Schwung ändern, dass wir eine bestimmte Fähigkeit vom Status der unbewussten Inkompetenz zum Status der unbewussten Kompetenz verschieben. Wie du dir sicher vorstellen kannst, ist das kein einfacher Weg, den man mal ebenso geht. Es erfordert Zeit, Geduld und Training. Das heißt allerdings nicht, dass während der Phase der bewussten Kompetenz, also wenn du die Fähigkeit erlernst, sich deine Ergebnisse nicht verbessern können. Ganz im Gegenteil, du wirst deutliche Fortschritte erzielen, aber die sind noch nicht zuverlässig und nicht immer verfügbar. Besonders je größer der Druck wird (fremde Mitspieler, Turnier, schlechte Lagen usw.), desto geringer wird die Verfügbarkeit werden. Das Gehirn greift in solchen Situationen immer eher auf die alten, häufiger benutzten Lösungen zurück, weil die neuronalen Verbindungen ausgeprägter sind. Erst mit der unbewussten Kompetenz wird das Gehirn auch in solchen Situation stets auf die neue Fähigkeit zurückgreifen.
Das Erlernen und Festigen einer motorischen Fähigkeit beim Golf
Ich glaube, die Stufen der unbewussten und bewussten Inkompetenz bedürfen keiner weiteren Erklärung mehr. Aber spannender dürfte die Lernstufe der bewussten Kompetenz sein und wie man es schafft, von dort zur unbewussten Kompetenz zu kommen. Und genau auf dieses Thema wollen wir jetzt einen Blick werfen.
Das Erlernen einer motorischen Fähigkeit
Wenn wir eine neue motorische Fähigkeit lernen möchten, dann ist das Wichtigste zum Start, dass wir wissen, was wir eigentlich tun wollen. Wenn wir kein klares Bild oder keine Vorstellung von dem haben, was wir tun wollen, dann kann das Gehirn dem Körper auch nicht sagen, was er tun soll. Selbstverständlich wird dieses Bild im Laufe der Zeit durch unsere Bewegungserfahrungen immer besser und detaillierter werden, aber dennoch sollten wir am Anfang schon ein klares Bild von der Bewegung haben. Da können Erklärungen, Führen oder Abschauen gute Hilfestellungen sein. Je nachdem was man für ein Lerntyp ist, braucht man einen unterschiedlichen Input dafür.
Im nächsten Schritt geht es dann darum, die Bewegung zunächst ohne Schläger durchzuführen und zu erspüren, was der Körper da tut. Erst dann kommt der Schläger dazu, aber noch kein Ball. Bei diesen beiden Schritten wäre es optimal, wenn man dabei in eine Kamera oder einen Spiegel schauen kann, um permanentes und sofortiges Feedback zu haben. Gefühl und Realität werden zu diesem Zeitpunkt noch nicht zusammen passen, deshalb ist ein permanenter sofortiger Abgleich so wichtig.
Erst wenn die beiden Schritte ohne Ball klappen kommt der Ball mit ins Spiel. Denn was ohne Ball nicht funktioniert, wird mit Ball erst recht nicht funktionieren. In einer perfekten Welt hätten wir die Chance, die ersten Bälle zu schlagen, ohne den Ballflug zu sehen (in ein Netz schlagen). Das wird allerdings für die meisten eher nicht möglich sein. Aber wenn wir den Ball ins Spiel nehmen, fangen wir erstmal mit kleinen, langsamen Schwüngen mit einem kurzen Schläger an. Evtl. sogar von einem Tee. Erst im Laufe der Zeit werden die Bewegungen größer und schneller, bevor wir dann einen längeren Schläger nehmen. In dieser Phase ist ein regelmäßiges Feedback absolut wichtig und unerlässlich. Auch solltest du das Gefühl haben, die Bewegung gnadenlos und absolut zu übertreiben.
Diese Schritte finden in einer standardisierten Umgebung statt. Sprich möglichst wenig Ziel- oder Schlägerwechsel, optimaler Stand und optimale Balllage. Und erst wenn das klappt, bringen wir die Variationen mit ins Spiel, die uns nämlich dann zum Festigen bringen.
Das Festigen einer motorischen Fertigkeit
Auch wenn es jetzt um das Festigen der Bewegung geht, solltest du dir am Anfang jeder Einheit immer noch die Zeit nehmen, dich mit der Bewegung auseinanderzusetzen und sie ggf. auch ohne Ball zu überprüfen. Danach geht es aber dann darum, möglichst die Variationen und den Druck Schritt für Schritt zu erhöhen. Das machst du, in dem du:
– unterschiedliche Schläger spielst
– unterschiedliche Ziele wählst
– die Balllage veränderst
– die Standposition veränderst
– kleine Wettkämpfe machst
– den Ball auf dem Platz bewusst in Lagen legst, wo es auf diese Bewegung ankommt.
In dieser Phase sollte das Feedback von außen bewusst weniger werden und du mehr auf dein eigenes Feedback hören. Aber auch dabei muss ein regelmäßiger Abgleich von Gefühl und Realität stattfinden. Solltest du dabei feststellen, dass dir der Transfer noch nicht gelingt, dann musst du zwischendurch immer nochmal einen Schritt zurück machen. Das bedeutet nochmal in die standardisierte Bedingung zurück gehen und nochmal das Bewegungsgefühl verbessern bzw. auffrischen.
Auf diese Weise sammelst du immer mehr Erfahrungen mit der neuen Bewegung. Wichtig ist, dass du das immer in kleinen Schritten steigerst und nicht alles auf einmal willst. Und niemals Feedback und bewusstes Wahrnehmen außer acht lassen. So näherst du dich dann schrittweise der unbewussten Kompetenz an.
Fazit
Was kannst du jetzt für dich aus diesem Wissen mitnehmen? Nun, Lernen findet grundsätzlich in 4 Phasen statt und du musst alle Phasen durchlaufen, bevor du die neue Fähigkeit wirklich besitzen kannst. Das heißt, du musst dir die Zeit geben und die Geduld haben, diesen Prozess zu durchlaufen. Außerdem solltest du den Grundsatz beachten: nicht rennen bevor du gehen kannst!
An dieser Stelle möchte ich nochmal darauf Hinweisen, dass das Lernen kein linearer Prozess ist. Es wird immer Höhen und Tiefen geben und manchmal muss man 1 Schritt ins Tal machen, um dann den nächsten Gipfel erklimmen zu können. Aber du solltest niemals aufgeben, dein Ziel zu erreichen.