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Puttkurs

Erwartungs-Management

Beim Putten sind unsere Erwartungen meistens deutlich höher, als dies beim langen Spiel der Fall ist. Das liegt natürlich in erster Linie daran, dass wir deutlich näher am Loch sind und die Bewegung viel kleiner ist als bei vollen Schlägen. Aber die Erfahrung zeigt auch, dass viele Amateure eine viel zu hohe Erwartung an ihr Putten haben. Diese hohe Erwartungshaltung wird zum einen von den Bildern, die wir im Fernsehen zu sehen bekommen, ausgelöst. Einen großen Teil des Feldes von einem Turnier, nämlich die Spieler, die in dieser Woche nicht um den Sieg mitspielen, bekommen wir nur dann zu sehen, wenn ihnen etwas besonderes gelingt. Das wäre dann z.B. ein gelochter längerer Putt. Ansonsten sehen wir nur die Spieler, die in dieser Woche „on Fire“ sind, die also um den Sieg mitspielen. Um auf der Tour um den Sieg mitzuspielen, müssen die Spieler immer etwas besser machen, als sie dies normalerweise tun. Üblicherweise schlagen sie die Eisen deutlich näher an die Fahne als sonst, wodurch sie kürzere Putts haben und dementsprechend mehr Putts lochen, oder sie Putten außerordentlich gut in dieser Woche und lochen extrem viele Putts. Durch diesen Mix an Bildern entsteht bei uns der Eindruck, dass das die Norm ist. Das ist es aber definitiv nicht, sondern es sind Highlights. Man kann mittlerweile häufig die sogenannten „featured Groups“ im Fernsehen oder im Stream sehen. Dort werden 2 oder 3 Flights, die nicht unbedingt um den Sieg mitspielen, über die vollen 18 Löcher gezeigt. Ich kann jedem nur empfehlen, sich das ein paar mal anzusehen. Denn dann bekommt man einmal ein realistisches Gefühl dafür, wie es selbst den besten 120 Spielern der Welt auf einer Golfrunde so ergeht und was da so alles passiert. Meistens hat das für das eigenen Erwartungsmanagement einen sehr heilsamen Effekt.
Aber nun zurück zum Putten. Der erste Grund für die zu hohe Erwartungshaltung waren die Bilder aus dem Fernsehen. Der andere Grund ist schlichtweg, dass  die Schwierigkeit des Puttens einfach unterschätzt wird. Grünlesen, Startrichtung und Geschwindigkeit müssen sich perfekt ergänzen, damit ein Putt fallen kann. Und selbst wenn die 3 Dinge zusammen kommen, heißt das noch lange nicht, dass der Putt dann fällt. Denn schließlich Putten wir nicht auf einer perfekten, künstlichen Oberfläche, sondern auf natürlichem Rasen und Untergrund. Ganz ohne Frage sind Grüns extrem Gut gepflegt, aber trotzdem werden sie nie perfekt sein. Und je länger die Putts werden, desto größer wird der Einfluss der Unebenheiten. Dazu kommt dann noch der Ball, der vor dem Putten bei den langen Schlägen mit hohen Kräften deformiert wurde. Wenn einige Spieler einen Ball 18 Löcher oder länger spielen, dann kann man über den Ball bestimmt einiges sagen, aber nicht mehr, dass er perfekt rund ist. Aus diesen Gründen müssen wir unsere Erwartungshaltung an die Realität anpassen. Nicht jeder Putt, der nicht ins Loch fällt, war ein schlechter Putt. Und vice versa ist nicht jeder Putt, der ins Loch fällt, ein guter Putt, auch wenn das Ergebnis natürlich gut war.

Fakten von der Tour

Um ein realistisches Bild von dem zu bekommen, was man beim Putten im Schnitt erwarten kann, werfen wir jetzt einen Blick auf ein paar Zahlen von der PGA-Tour. Hier sind die besten Spieler der Welt unterwegs. Da wir beim Putten keine besonderen körperlichen Grundvoraussetzung brauchen, können wir uns in diesem Bereich ruhig an ihnen orientieren. Du wirst wahrscheinlich bei der Betrachtung dieser Zahlen feststellen, dass du von dir selbst häufig mehr erwartest, als sogar die besten Spieler der Welt wirklich leisten.
Das fällt auf, wenn man sich die Zahlen betrachtet:
    • Aus 1m liegt die 1-Putt-Quote bei 96%.
    • Aber schon bei 1,5m sinkt die 1-Putt-Quote auf 76%. Hier fallen also nur noch 3 von 4 Putts.
    • Bei 2m sinkt die Quote auf 56%. Es fällt also nur noch jeder 2. Putt.
    • Bei 3m sind wir nur noch bei einer 1-Putt-Quote von 38%. Es fällt also nur noch 1 von 3 Putts ins Loch.
    • Bei 4,5m sind wir bei 23% angekommen. Sprich es fällt nur noch 1 von 4 Putts.
    • Und bei 7,5m liegt die 1-Putt-Quote bei 10%. Es geht also nur noch 1 von 10 Putts ins Loch.
    • Bei 12m liegt die 1-Putt-Quote 4%, aber die 3-Putt-Quote schon bei 10%. Das bedeutet also, bei 1 von 10 Versuchen passiert ein 3-Putt aus 12m.
    • Bei 18m liegt die 3-Putt-Quote bei 23%. Sprich bei 1 von 4 Versuchen aus 18m werden 3 Putts bis ins Loch benötigt.
Und nur um das nochmal ins Gedächtnis zu rufen: wie reden hier über die PGA-Tour. Also über die ca. 120-150 besten Spieler der Welt.

Was das für dich bedeutet

Um diese Zahlen für dich und dein Erwartungsmanagement realistisch nutzbar zu machen, solltest du die Putts in Gruppen einteilen. Eine sinnvolle Gruppeneinteilung wäre die folgende:
    • Bis 1m: so gut wie alles lochen.
    • 1m – 4,5m: so viele Putts wie möglich lochen. Aber sei dir darüber bewusst, dass nicht alle fallen werden. 3-Putts sind aus dieser Entfernung verboten.
    • 4,5m  – 7,5m: sicher den 2-Putt ab. Der Ball sollte noch die Chance haben, ins Loch zu gehen. Aber ein 1-Putt hat schon einen Seltenheitswert.
    • 7,5m – 12m: nur den 2-Putt sichern! Alles unter 80cm ums Loch nach dem 1. Putt ist okay. Ein 1-Putt ist ein absoluter Bonus und nicht zu erwarten.
    • Über 12m: Versuch den 2-Putt zu sichern. Ziel ist es, den Ball mit dem 1. Putt in einen Umkreis von 1m um das Loch zu spielen. Sei dir aber darüber im klaren, dass 3-Putts passieren werden. Ärgere dich nicht zu sehr über 3-Putts, sondern arbeite daran, solche Längen zu vermeiden. Ein 1-Putt grenzt übrigens an ein Wunder wink.

Je nachdem aus welcher dieser Gruppen bzw. Zonen du Puttest, sollte du deine Erwartung und die daraus resultierende Putt-Strategie anpassen.

Fazit

Ich vermute, du bist von diesen Zahlen überrascht. Ich kann dir aber nur empfehlen, dass du dir diese realistischen Einschätzungen bzw. faktischen Zahlen zu eigen machst und deine Putt-Strategie an sie anpasst. Das wird deutlich den Druck aus deinen Putts rausnehmen und zu besseren Ergebnissen führen. Außerdem wirst du mehr Spaß am Putten haben, wenn du mit einer realistischen Erwartungshaltung an die ganze Sache heran gehst.