Wie in meinem Blog-Beitrag bei Fairwaykids.de „Der Unterschied der den Unterschied macht – oder einfach gesagt Trainingsqualität“ gezeigt, ist Deliberate Practice einer der entscheidenden Bausteine für eine langfristige und gute Entwicklung. Wichtig ist, dass man die Deliberate Practice über mehrere Jahre durchhält. Das ist gar nicht so einfach, wie es klingt. Genau an dieser Stelle kommt Grit ins Spiel. Der Begriff steht quasi für unser Durchhaltevermögen bezüglich langfristiger Ziele. (Was langfristige Ziele sind und wie Sie diese definieren können, erfahren Sie in dem Beitrag „SMARTe Ziele braucht der Golfer„.)
Grit, was ist das?
Angela Duckworth, eine Professorin für Psychologie an der Universität von Pennsylvania, hat den Begriff „Grit“ in der Psychologie geprägt. Bei Grit handelt es sich um unsere Leidenschaft und Beharrlichkeit für langfristige Ziele. Diese hat Duckworth in der sogenannten Grit-Skala messbar gemacht. Entstanden ist das ganze aus der folgenden Studie: An der United States Military Academy at West Point werden nur die qualifiziertesten und fittesten Personen nach einem langen 2-jährigem Ausleseprozess zugelassen. Dennoch ist die Dropout-Quote bei 20% vor dem Abschluss. Davon scheidet ein Großteil schon während des ersten Sommers in den 7 Wochen der sogenannten Beast Barracks aus. Es ist eine durchaus spannende Frage, wer sich durch einen 2-jährigen Ausleseprozess quält, um dann in den ersten Wochen der Ausbildung aufzugeben. Das US Militär konnte keine aussagekräftige Antwort auf diese Frage finden.
Nachdem Duckworth mit zahlreichen Rekruten gesprochen hatte, konnte sie aus ihren Notizen einen Fragebogen erstellen. Dieser bestand zu 50% aus Fragen zum Thema Leidenschaft und zu 50% aus Fragen zum Thema Beharrlichkeit. Aus den Antworten auf diese Fragen ergab sich dann ein Wert auf der Grit-Skala zwischen 1 und 5, wobei 1 so gut wie kein Grit bedeutet und 5 extrem viel Grit bedeutet. Anhand der erzielten Ergebnisse konnte mit einem signifikant hohen Wert vorhergesagt werden, wer aufgibt und wer nicht.
Um die Anwendbarkeit der Grit-Skala auch in anderen Bereichen zu testen, wurden noch mehrer Studien durchgeführt, wie z.B. bei Buchstabierwettbewerben. Dort konnte an Hand der Grit-Skala vorhergesagt werden, wer in diesen Wettbewerben weiter kommt als die Anderen.
Wer seinen eigenen Grit-Wert herausfinden möchte, kann das kostenlos hier tun (auf Englisch): Angela Duckworth Grit Scale.
Wofür braucht man Grit?
Wenn man sich in ganz diversen Bereichen wie Wirtschaft, Sport und Kunst deren Leistungsträger einmal genau betrachtet, fallen einige Gemeinsamkeiten auf. Es für sie in ihrer Entwicklung anscheinend sehr wichtig, wenn auch ganz bestimmt nicht einfach, nach Fehlern wieder aufzustehen und weiter zu machen. Meistens waren sie zu Beginn nicht die Besten oder Talentiertesten, sondern sind über Zeit stets besser geworden, weil sie eine hohe Widerstandsfähigkeit und Arbeitsmoral besaßen. Zum anderen wussten sie in ihrem tiefsten inneren, was sie wollten. Kurz zusammengefasst, war es die Kombination aus Beharrlichkeit und Leidenschaft, die sie zu etwas besonderem gemacht haben. Sprich sie besaßen Grit.
Tiger Woods hat das für den Golfsport einmal sehr gut auf den Punkt gebracht:
„Was die Leute nicht verstehen ist, dass ich, als ich aufgewachsen bin, niemals der talentierteste war. Ich war nie der Größte. Ich war nie der Schnellste. Und ich war sicherlich nie der stärkste. Das einzige was ich hatte, war meine Arbeitsmoral und die ist es, die mich so weit gebracht hat.“
Tiger Woods
Und genau für diese Arbeitsmoral und das Durchhaltevermögen, dies über einen längeren Zeitraum durchzuziehen, braucht man Grit.
Wie entsteht Grit?
Eine der wesentlichsten Aussagen von Duckworth, die sich mit meinen Erfahrungen deckt, ist, dass Grit in einer Person wachsen kann. Zu einem Teil ist Grit zwar angeboren, aber zu einem größeren Teil ist es ein Produkt von Umfeld und Pflege. Ein Teil dessen, was durch Pflege an Grit entstehen kann, muss in ihnen selbst wachsen. Meistens entstehen sie in der folgenden Reihenfolge:
- Interesse / Leidenschaft für das Golfspiel
- Kapazität / Fähigkeit zu trainieren
- Sinn und Zweck für sich und andere darin sehen
Dieses psychologische Rüstzeug hilft Ihnen dabei, wenn Sie eigentlich gerne aufgeben würden, doch wieder aufzustehen und weiter zu machen. Das ist der harte Teil des Weges, weil es in einem selbst entstehen muss. Der etwas leichtere Teil des Weges wird durch das Umfeld ausgelöst. Menschen haben einen hohen Drang, sich ihrem Umfeld anzupassen, bzw. häufige Handlungen des Umfeldes als normal zu betrachten.
Konsequenz für die Praxis
Brauchen Sie mehr Grit?
Was bedeutet das nun für Sie als Golfer? Als erstes müssen Sie ehrlich zu sich selbst sein! Fällt es Ihnen schwer, langfristig Ziele zu verfolgen? Müssten Sie eigentlich trainieren gehen, aber es regnet und ist kalt, weshalb Sie lieber doch nicht gehen? Oder Sie haben eine Trainingseinheit geplant, aber ein paar Freunde wollen lieber auf die Runde gehen und Sie gehen mit, anstatt Ihr Training durchzuziehen? Wenn Sie diese Fragen mit ja beantworten, dann ist es an der Zeit, Grit in Ihnen etwas zu pflegen. Lautet die Antwort nein, dann besitzen Sie bereits viel Grit. Sie können es zwar noch weiter pflegen, aber brauchen es nicht unbedingt. Dennoch können Sie eine Quelle der Inspiration für andere sein. Stellen Sie sich als Trainingspartner für Personen zur Verfügung, die gerne ernsthaft etwas mehr Grit haben möchten (siehe nächsten Absatz).
Pflegen Sie Ihr Grit
Sollten Sie festgestellt haben, dass Sie mehr Grit benötigen, dann ist es an der Zeit, sich ein passendes Umfeld zu schaffen. Das wichtigste ist es, eine Trainingsgruppe zu finden, in der ausreichend Grit herrscht. Egal welche Wetterbedingungen sind oder ab sonstige Ablenkungen sind, diese Trainingsgruppe trainiert immer. Wenn das alle in der Gruppe so machen, dann werden Sie das bald als normal betrachten und sich dem anpassen. Haben Sie dennoch mal keine Lust zum Training, werden die Anderen Sie schon explizit anspornen, doch zu trainieren.
Außerdem sollten Sie sich einen Trainer suchen, der Sie herausfordert und Ihnen ab und an sagt, was, wann und wie Sie zu trainieren haben. Er sollte dies auch durchaus gelegentlich mal etwas intensiver einfordern.
Wenn Sie solche Veränderungen in Ihrem Umfeld vornehmen, dann sollte es Ihnen deutlich leichter Fallen, Ihre Ziel konsequenter und längerfristiger zu verfolgen.
Fazit
Es wird immer Situationen geben, in denen es völlig okay ist aufzugeben und etwas Neues zu beginnen. Aber dennoch sollten Sie zumindest einen gewissen Zeitraum durchzuhalten.
Denn wir alle sind mit Grenzen konfrontiert, nicht nur durch Talent sondern auch durch Gelegenheiten. Aber häufiger als wir denken, sind diese Grenzen selbst auferlegt. Wir machen einen Fehler und denken, wir sind an unsere Grenzen gestoßen und geben auf. Oder machen noch ein paar Schritte weiter und ändern dann die Richtung. Auf jeden Fall gehen wir nicht so weit, wie wir gehen könnten. Grit zu haben bedeutet, immer weiter einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Angela Duckworth
Wer sich intensiver mit dem Thema Grit beschäftigen möchte, dem sei das Buch von Angela Duckworth empfohlen: Grit – Die neue Formel zum Erfolg: Mit Begeisterung und Ausdauer ans Ziel.