Es gibt viele Dinge im Golfschwung, die gerne als absolut zwingende Notwendigkeiten verkauft werden, also quasi Gesetze sind. Aber genau betrachtet gibt es nur 4 Gesetze, an denen kein Weg vorbei führt. Diese Gesetze beziehen sich alle auf den Treffmoment und den daraus resultierenden Ballflug. Daher sind nennt man sie die Treffmoment- oder Ballfluggesetze.
Alles was wir im Schwung und Set-Up tun, soll letzten Endes nur den Treffmoment beeinflussen, denn wenn wir wollen, dass der Ball etwas anderes tut als bisher, dann müssen wir den Treffmoment verändern.
Wie man jede Woche bei den Profi-Turnieren sehen kann, gibt es durchaus unterschiedliche Wege in der Bewegung, um den Treffmoment zu beeinflussen. Daher sind das alles nur Präferenzen bzw. optionale Lösungen mit einem gewissen Spielraum. Die einen Lösungen sind leichter zu wiederholen als die anderen und manche sind biomechanisch optimaler, aber alle haben einen Einfluss auf den Treffmoment. Wichtig ist dabei in erster Linie, dass die Bewegungen zueinander passen und miteinander sinnvolle Paarungen ergeben, die zum gewünschten Ballflug führen.
Der Sinn des Golfschwungs
Bevor wir uns die Gesetze anschauen, müssen wir zunächst einmal den Sinn eines Golfschwungs betrachten. Im Gegensatz zu dem, was viele Menschen denken, erfüllt der Golfschwung keinen Selbstzweck. Wir machen also keinen Golfschwung, um einen Golfschwung zu machen, sondern er soll einen anderen Zweck erfüllen: nämlich dass der Golfball das macht, was wir von ihm möchten. In oberster Instanz zusammengefasst, möchten wir vom Golfball das Folgende: er soll mit so wenig Schlägen wie möglich ins Loch. Damit das klappen kann, muss der Schwung die folgenden 3 großen Kriterien erfüllen:
1. Er muss uns Kontrolle über den tiefsten Punkt des Schwungbogens geben (wo wir den Boden treffen).
2. Er muss uns Kontrolle über die Richtung geben (auch wo der Miss hin geht, wenn der Ball nicht im Ziel landet).
3. Er muss genug Kraft erzeugen, damit wir den Platz problemlos spielen können.
Diese 3 großen Kriterien finden sich in unseren 4 Gesetzen wieder, denn im Treffmoment bekommt der Ball seine Informationen, was er zu tun hat.
Die 4 Gesetze des Treffmoments
Leider interessiert den Golfball nicht, was wir möchten oder wie unser Schwung aussieht. Den Golfball interessiert nur eine Sache: was passiert im Treffmoment. Wenn wir wissen, was im Treffmoment passiert ist, können wir genau vorhersagen, wie der Ball fliegen wird, bzw. wir können erklären, warum der Ball so geflogen ist. Natürlich spielen externe Faktoren wie Wind, Temperatur usw. auch noch eine Rolle, aber die können wir nicht beeinflussen. Vom Treffmoment ausgehend können wir dann auf den Schwung schauen, was wir dort ändern müssen, um den gewünschten Effekt im Treffmoment zu erzielen.
Der Treffmoment ist übrigens kein einmaliger Kontakt, sondern eine komplette Phase, in der der Schläger Kontakt mit dem Ball hat. Diese Phase dauert ungefähr eine 4/1000 Sekunde. Um zu bestimmen, was im Moment der Wahrheit passiert bzw. wie dies unseren Ballflug beeinflusst, brauchen wir die 4 Treffmoment-Gesetze:
1. Schlägerkopf Geschwindigkeit
2. Schwungrichtung
3. Schlagflächenstellung
4. Treffpunkt auf der Schlagfläche
Diese 4 Gesetze sind absolut unumstößlich. Entweder wir bekommen sie in den Griff, oder der Ball wird nicht das tun, was wir von ihm wollen. Daher muss jeder Spieler sie kennen und wissen, wie er sie beeinflussen kann!
Genau hier setzt die Aufgabe des Trainers an:
er muss den Spieler in die Lage zu versetzen, dass er die benötigten Veränderungen im Treffmoment kennt und dass er seine Werkzeugkiste mit den dazu notwendigen Werkzeugen ausstatten kann.
Das 1. Gesetz: Schlägerkopfgeschwindigkeit
Die Schlägerkopfgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, mit der sich der Schlägerkopf kurz vor der Kollision mit dem Ball bewegt. Sie ist der limitierende Faktor für unsere Schlaglänge. Wenn alle anderen Treffmomentfaktoren optimal sind, dann kann / darf der Ball maximal die 1,5-fache Geschwindigkeit des Schlägerkopfes erreichen (gilt für den Driver, je mehr Loft der Schläger hat, desto kleiner wird der Faktor). Diese Übertragungsrate von Schlägerkopf- auf Ballgeschwindigkeit nennt man Smash Faktor.
Jede Meile mehr erzeugte Ballgeschwindigkeit sind potentielle 2,5m mehr Fluglänge. Also kann jede Meile mehr Schlägerkopfgeschwindigkeit ungefähr 4m mehr Fluglänge ergeben.
Für möglichst weite Schläge sollte unsere Schlägerkopfgeschwindigkeit auf einem hohen Niveau sein. Um dabei eine möglichst optimale Längenkontrolle zu haben, sollte sie möglichst konstant sein und für Gefühlsschläge sollten wir die Schlägerkopfgeschwindigkeit nach unseren Bedürfnissen anpassen können (besonders im kurzen Spiel).
Die Schlägerkopfgeschwindigkeit ist für die meisten Spieler, zumindest bei vollen Schwüngen, sehr wiederholbar. Hier sehen wir sehr wenig Abweichungen.
Wenn wir über Schlägerkopfgeschwindigkeit reden, dann gibt es die folgenden Anpassungsmöglichkeiten:
– sie gleich halten
– weniger zu erzeugen
– mehr zu erzeugen
Das 2. Gesetz: Schwungrichtung des Schlägers
Die Schwungrichtung ist die Richtung, in die sich der Kraft-Vektor des Massenschwerpunkt des Schlägerkopfes durch den Treffmoment hindurch bewegt. Oder vereinfacht ausgedrückt: die Richtung in der sich der Sweetspot bewegt.
Dabei betrachtet man diese Bewegungsrichtung im Verhältnis zu 2 unterschiedliche Dingen, nämlich zum Horizont und zum Ziel. Daraus ergeben sich dann die vertikale und die horizontale Schwungrichtung.
Die Schwungrichtung ist für die meisten Spieler auch sehr wiederholbar. Man sieht selten große Schwankungen in der Schwungrichtung, außer sie werden absichtlich herbeigeführt. Und selbst dann ist es für viele Golfer schwierig, etwas daran zu ändern.
Die vertikale Schwungrichtung oder Eintreffwinkel (Angle of Attack)
Sprechen wir über die vertikale Schwungrichtung, dann wird die Schwungrichtung gegen den Horizont gemessen. Also vereinfacht gesagt: wie bewegt der Schläger sich im Verhältnis zum Boden durch den Treffmoment hindurch.
Bei der vertikalen Schwungrichtung gibt es 3 Möglichkeiten:
1. eine Abwärtsbewegung
2. Parallel zum Horizont
3. eine Aufwärtsbewegung
Um es einmal ganz pauschal zu sagen, wollen wir bei allen Schlägen vom Boden eine Abwärtsbewegung des Schlägers haben. Ein Grundsatz für die Praxis ist dabei: je schlechter die Lage, desto mehr wollen wir den Ball in der Abwärtsbewegung erwischen. Lediglich beim Drive und beim Putt ist eine Aufwärtsbewegung wünschenswert.
Damit wir beeinflussen können, in welche Richtung sich der Schläger vertikal bewegt, müssen wir Kontrolle über den tiefsten Punkt des Schwungbogens haben. Da wir auf einer Kreisbahn schwingen gilt:
für eine Abwärtsbewegung muss der tiefste Punkt hinter dem Ball sein und für eine Aufwärtsbewegung davor.
Die horizontale Schwungrichtung (Club Path)
Sprechen wir über die horizontale Schwungrichtung, dann wird die Schwungrichtung gegen das Ziel gemessen. Also vereinfacht gesagt: wenn wir eine gerade Linie durch den Ball zum Ziel ziehen, dann schauen wir, wie der Schlägerkopf sich im Verhältnis zu dieser Linie durch den Treffmoment hindurch bewegt.
Bei der horizontalen Schwungrichtung gibt es 3 Möglichkeit:
1. Gerade zum Ziel
2. Nach rechts vom Ziel
3. Nach links vom Ziel
Die horizontale Schwungrichtung ist maßgeblich für die seitliche Flugkurve des Balls verantwortlich. Das Verhältnis von horizontaler Schwungrichtung und horizontaler Schlagflächenstellung entscheidet über die Richtung der Flugkurve. Ist die Schwungbahn weiter links als die Schlagfläche, wird eine Rechtskurve entstehen. Ist die Schwungbahn weiter rechts als die Schlagfläche, wird eine Linkskurve entstehen.
Die meisten Spieler sind, wenn sie ihren normalen Schwung machen, sehr konstant mit ihrer horizontalen Schwungrichtung.
Das 3. Gesetz: Die Schlagflächenstellung
Die Schlagfläche hat ebenfalls 2 Komponenten, die wir betrachten. Und diese beiden sind auch wieder vertikal und horizontal.
Die vertikale Schlagflächenstellung oder Loft (Dynamic Loft)
Die vertikale Komponente der Schlagfläche kennen wir unter dem Begriff Loft. Hier betrachten wir die Neigung der Schlagfläche im Treffmoment gegen eine Senkrechte Linie.
Bei der vertikalen Schlagfläche gibt es wieder 3 Möglichkeiten der Variation:
1. Gleicher Loft
2. Mehr Loft
3. Weniger Loft
Der Loft ist primär dafür verantwortlich, in welchem Winkel der Ball abfliegt und wie viel Spin erzeugt wird. Je mehr Loft, desto steiler wird der Ball abfliegen und desto mehr Spin wird erzeugt. Außerdem beeinflusst er die potentielle Umwandlung von Schlägerkopf- in Ballgeschwindigkeit. Je weniger Loft, desto mehr Ballgeschwindigkeit kann erzeugt werden.
Die horizontale Schlagflächenstellung (Face Angle)
Bei der horizontalen Schlagflächenstellung betrachten wir die Schlagfläche im Verhältnis zum Ziel. Wir können uns wieder eine Linie vom Ball zum Ziel denken und schauen uns dann an, wie die Schlagfläche im Treffmoment zu dieser Linie steht. Stell dir vor du hast einen Laserpointer mitten auf der Schlagfläche und du schaust dir den Laserstrahl im Verhältnis zur Ball-Ziel-Linie an.
Bei der horizontalen Schlagflächenstellung gibt es auch wieder 3 Möglichkeiten:
1. Zeigt gerade zum Ziel
2. Zeigt nach rechts vom Ziel
3. Zeigt nach links vom Ziel
Die horizontale Schlagflächenstellung ist in erster Linie für die Startrichtung des Balles verantwortlich. Der Ball wird zu ca. 85% in die Richtung der Schlagfläche starten. Die anderen 15% werden durch die Schwungbahn beeinflusst.
Schlagflächenkontrolle ist das, womit selbst die besten Spieler der Welt die größten Probleme haben. Die anderen Komponenten des Treffmoments sind meistens sehr konstant bei richtig guten Spielern, aber die horizontale Schlagflächenstellung entscheidet sehr häufig darüber, ob es eine gute Woche für den Spieler wird oder nicht.
Das 4. Gesetz: Der Treffpunkt auf der Schlagfläche
Auch beim Treffpunkt auf der Schlagfläche gibt es wieder 2 Komponenten. Zum einen die vertikale und zum anderen die horizontale Komponente. Sobald wir nicht den Sweetspot treffen, kommt es zu einer Verdrehung der Schlagfläche. Dadurch kommt es zu einer Verzahnung zwischen Schlagfläche und Ball, dem sog. Gear-Effekt. Der Gear-Effekt ist so stark, dass er besonders bei Hölzern das Schwungbahn-Schlagfläche-Verhältnis überschreiben kann.
Daher haben beide Komponenten des Treffpunktes auf der Schlagfläche zusammen einen großen Einfluss auf die Energieübertragung, Spinverhalten, Startrichtung und Flugkurve (sowohl Seite als auch Höhe) des Balls.
Typischerweise wird man sehen, je besser das Handicap des Spielers ist, desto kleiner wird die Streuung der Treffpunkte auf der Schlagfläche.
Um gutes Golf spielen zu können, ist die Wiederholbarkeit erst einmal wichtiger, als genau die Mitte zu treffen. Das wird zwar immer wichtiger, aber solange man den Ball immer am gleichen Punkt trifft, reagiert er auch immer gleich.
Der vertikale Treffpunkt auf der Schlagfläche
Beim vertikalen Treffpunkt auf der Schlagfläche betrachten wir, auf welcher Höhe der Ball auf der Schlagfläche getroffen wird.
Beim vertikalen Treffpunkt auf der Schlagfläche gibt es 3 Möglichkeiten:
1. In der Mitte
2. Unten auf der Schlagfläche
3. Oben auf der Schlagfläche
Der vertikale Treffpunkt auf der Schlagfläche hat in erster Linie Einfluss auf den Spin und den Abflugwinkel des Balls. Treffen wir den Ball unten auf der Schlagfläche, wird ein flacher Abflug mit viel Spin erzeugt und oben auf der Schlagfläche ein hoher Abflug mit wenig Spin.
Der horizontale Treffpunkt auf der Schlagfläche
Beim horizontalen Treffpunkt auf der Schlagfläche betrachten wir, wo der Ball seitlich gesehen auf der Schlagfläche getroffen wird.
Beim horizontalen Treffpunkt auf der Schlagfläche gibt es ebenfalls 3 Möglichkeiten:
1. In der Mitte
2. An der Spitze
3. An der Hacke
Der horizontale Treffpunkt auf der Schlagfläche hat einen starken Einfluss auf die Startrichtung und auf die seitliche Flugkurve des Balls. Ein zur Spitze getroffener Ball wird rechts starten und links drehen. Ein zur Hacke getroffener links starten und rechts drehen (bei einem Rechtshänders, Linkshänder genau andersherum).
Das Fazit
Kontrolle über das zu haben, was der Ball tut, ist der wesentlichste Baustein beim Golf. Der Ball wird ausschließlich dadurch beeinflusst, was im Treffmoment passiert. Um verstehen zu können, was im Treffmoment passiert und wie das den Ball beeinflusst, müssen wir die 4 Gesetze des Treffmoments kennen und verstehen. Erst dann weiß ich, was ich verändern muss, damit mein Ball gewisse Dinge tut. Das Verständnis dafür zu haben bzw. zu erlernen ist der grundsätzlich einfachere Teil. Und genau an dieser Stelle muss dann dein Training ansetzen. Du musst die motorischen Fähigkeiten entwickeln, um den Treffmoment so zu beeinflussen, dass der Ball das tut, was du von ihm möchtest. Du musst also deine Werkzeugkiste mit den nötigen Werkzeugen füllen. Das ist der deutlich schwierigere Teil. Aber dafür gibt es ja uns Golftrainer, damit wir dir dabei helfen können. 😉